Wissenssnack: Biorhythmus und Gesundheit

Liebe Leser*innen,

die Lehre des Biorhyth­mus, mit denen sich nahezu alle Lebewe­sen an Sonnen­auf- und Unter­gän­ge oder Jahres­zei­ten anpas­sen, ist ein boomen­der Forschungszweig.
In den vergan­ge­nen Jahren entdeck­ten Forscher, wie innere Uhren funktio­nie­ren, wie das Gehirn die komple­xe biolo­gi­sche Zeitmes­sung des Körpers steuert, wie das Tages­licht ihm bei seiner Arbeit hilft und wie sich unser indivi­du­el­les inneres Tempo auf unser Leben und unsere Gesund­heit auswir­ken. Wissen­schaft­ler führen sogar den Anstieg von Zivili­sa­ti­ons­krank­hei­ten wie Diabe­tes oder Herzlei­den darauf zurück, dass immer mehr Menschen dauer­haft gegen ihre innere Uhr leben.

In seinem aktuel­len Newslet­ter (Nr. 738) des Bundes Deutscher Heilprak­ti­ker e.V.  erschien aktuell folgen­der Beitrag, den ich gerne als Blogbei­träg mit Ihnen teilen möchte:

Chronobiologie der Gewebe: Wie sich Zellverbände im Körper untereinander abstimmen

„Die zirka­dia­ne Rhyth­mik (Biorhyth­mus) ermög­licht ein zeitlich abgestimm­tes Zusam­men­spiel von Organen und Organ­sys­te­men im Körper über den Tages­ver­lauf hinweg. Gesteu­ert wird diese innere Uhr bei Menschen und Säuge­tie­ren von einem Areal des Gehirns aus, dem Hypotha­la­mus. Wissenschaftler*innen haben nun einen weite­ren, bislang unbekann­ten Mecha­nis­mus entschlüs­selt, der für die Synchro­ni­tät auf zellu­lä­rer Ebene sorgt und für die zeitli­che Steue­rung der Organ­funk­tio­nen entschei­dend ist.

Die inneren Uhren des Körpers

Nahezu alle Zellen des mensch­li­chen Körpers besit­zen innere Uhren, die für die zeitli­che Steue­rung wichti­ger Organ­funk­tio­nen zustän­dig sind. Der sogenann­te zirka­dia­ne Tages­rhyth­mus dieser biolo­gi­schen Uhren (Biorrhyth­mus) unter­schei­det sich jedoch leicht von Zelle zu Zelle, sodass diese zur Anglei­chung mitein­an­der kommu­ni­zie­ren müssen.

„Fehlt dieser Austausch der Zellen unter­ein­an­der, kann die zeitli­che Koordi­na­ti­on wichti­ger biolo­gi­scher Funktio­nen der Gewebe gestört werden. Das kann beispiels­wei­se Risiken für Stoff­wech­sel­er­kran­kun­gen steigern“, erklä­ren die Studi­en­au­toren der Chari­té. Während die inter­zel­lu­lä­re Kommu­ni­ka­ti­on im sogenann­ten Nucleus supra­chi­as­ma­ti­cus – einem Kernge­biet des Gehirns im Hypotha­la­mus, das für die Anpas­sung der inneren Uhren an den tägli­chen Licht-Dunkel-Rhyth­mus zustän­dig ist – bereits recht gut erforscht ist, gab die Synchro­ni­sie­rung innerer Uhren inner­halb anderer Körper­ge­we­be noch immer Rätsel auf.

Das Forscher­team hat daher unter­sucht, ob und auf welche Weise diese zellu­lä­ren inneren Uhren abseits des Gehirns durch sogenann­te Kopplung inter­agie­ren, um ihre Rhyth­men abzustimmen.

Untersuchung biologischer Mechanismen

Anhand zellu­lä­rer Model­le verschie­de­ner Gewebe ging das Forschungs­team der Frage nach, welche biolo­gi­schen Mecha­nis­men dieser Kommu­ni­ka­ti­on zugrun­de liegen und welche Konse­quen­zen eine gestör­te Rhyth­mus­an­glei­chung in Zellver­bän­den hat. Für ihre Messun­gen zellu­lä­rer Rhyth­mik haben sie sogenann­te Repor­t­er­ge­ne genutzt, die biolu­mi­nes­zie­ren­de oder fluores­zie­ren­de Signa­le generie­ren. Mit deren Hilfe war es ihnen möglich zu unter­su­chen, ob zellu­lä­re innere Uhren ihre Rhyth­men einan­der anglei­chen können. Das Team nutzte Chroma­to­gra­phie- und Massen­spek­tro­me­trie-Metho­den, um mögli­che Prote­in­fak­to­ren nachzu­wei­sen, die eine Synchro­ni­sie­rung innerer Uhren ermöglichen.

Kommunikation der zellulären Uhren

Sie haben dabei heraus­ge­fun­den, dass diese zellu­lä­ren Uhren über freige­setz­te Prote­ine kommu­ni­zie­ren: Der Wachs­tums­fak­tor ‚Trans­forming Growth Factor beta‘ (TGF-ß) wird von Zellen abgege­ben und treibt die Synchro­ni­sie­rung dieser inneren Uhren an, indem er die Produk­ti­on des zentra­len Regula­tor­pro­te­ins PER2 regelt. Eine Störung des TGF-ß-Signal­we­ges mithil­fe pharma­ko­lo­gi­scher und geneti­scher Metho­den führte zu einer vermin­der­ten Rhyth­mik auf Einzel­zell- und Gewebs­ebe­ne wie auch zu einer erhöh­ten Anfäl­lig­keit der inneren Uhren gegen­über äußeren Störfak­to­ren. Diese Beobach­tung zeige, wie zentral dieser Kommu­ni­ka­ti­ons­weg für die Synchro­ni­tät innerer Uhren auf Gewebe­ebe­ne und somit für die zeitli­che Steue­rung von Organ­funk­tio­nen ist, so die Wissenschaftler*innen.

Störungen können zu Krankheiten führen

Eine Störung dieser Kopplung der zellu­lä­ren inneren Uhren könnte dazu beitra­gen, dass wichti­ge biolo­gi­sche Funktio­nen der Gewebe zur falschen Tages­zeit statt­fin­den und somit krank­ma­chen­de Prozes­se begüns­ti­gen“, erklä­ren die Studi­en­au­toren. So könnte etwa eine mangel­haf­te Synchro­ni­sie­rung von Alpha- und Beta-Zellen der Bauch­spei­chel­drü­se zu einem gestör­ten Rhyth­mus der Gluca­gon- und Insulin­pro­duk­ti­on führen und somit die Entste­hung diabe­ti­scher Erkran­kun­gen begünstigen.

Um heraus­zu­fin­den, welche rhyth­mi­schen Prozes­se in verschie­de­nen Organen durch eine Störung des TGF-ß-Signal­we­ges betrof­fen sind, werden die Forschen­den die inter­zel­lu­lä­re Kommu­ni­ka­ti­on innerer Uhren mithil­fe weite­rer Model­le nachver­fol­gen. Dadurch verspre­chen sie sich Erkennt­nis­se darüber, welche Bedeu­tung Störun­gen der inneren Uhren für die Entste­hung von Krank­hei­ten haben können.“

Literaturtipp

Wenn Sie dieses Thema inter­es­siert, dann können Sie mit Dr. Peter Spork und seinem Buch
Das Uhrwerk der Natur: Chrono­bio­lo­gie: Leben mit der Zeit noch mehr wissens­wer­tes erfahren.

Ihre Heilprak­ti­ker- Praxis - Praxis am Sachsen­ring in Köln -

Birgit Schroe­der, Master in kPNi

Origi­nal­pu­bli­ka­ti­on
Finger AM et al. Inter­cel­lu­lar coupling between periphe­ral circa­di­an oscil­la­tors by TGF-β signal­ing. Sci Adv (2021), doi: 10.1126/sciadv.abg5174