Schlaf: wo bist Du?

Liebe Leser*innen,

lesen Sie in diesem Blogar­ti­kel Auszü­ge aus dem Beitrag von Anja Jardi­ne für die Ausga­be der NZZ vom 26.11.2022: ” Millio­nen Menschen finden  Nacht für Nacht nicht in den Schlaf, wälzen sich hin und her, grübeln in Endlos­schlei­fe, während die Leucht­zif­fern des Weckers den Count­down zum Morgen zählen. Wie ein Laptop, der nicht herun­ter­ge­fah­ren werden kann, weil sich einige Program­me aufge­hängt haben, sind bei klassi­schen Schlaf­stö­run­gen Hirnre­gio­nen aktiv, die mit unserem Flucht-oder-Kampf-System in Verbin­dung stehen. Als Reakti­on auf Sorgen, Angst oder Stress werden Corti­sol, Adrena­lin und Norad­re­na­lin ausge­schüt­tet, der Puls geht hoch, die Körper­tem­pe­ra­tur steigt, ebenso die Stoff­wech­sel­ra­te. Und damit all jene Funktio­nen, die der Schlaf norma­ler­wei­se auf Nacht­be­trieb herun­ter­re­gu­liert. Und so leuch­tet das Display morgens immer noch.

Lesen Sie deshalb hier gerne mehr zum Thema Stress­dia­gnos­tik bzw. zur Stress­me­di­zin.

Schlaf bedeutet Regeneration

Wie wichtig der Schlaf für den Organis­mus ist, läßt sich mit einem Wort beschrei­ben. Schlaf bedeu­tet Regene­ra­ti­on. So senkt Schlaf den Blutdruck, lässt das Mikro­bi­om im Darm gedei­hen, verhin­dert Diabe­tes, reguliert den Appetit und somit das Körper­ge­wicht. Im Wesent­li­chen hat sich das herum­ge­spro­chen, auch, dass Schlaf das wichtigs­te Werkzeug ist, um zu lernen und Erinne­run­gen abzuspei­chern. Was jedoch unter­schätzt wird, ist seine Bedeu­tung für das, was wir menta­le Gesund­heit nennen. Die Psyche und ihr Gleich­ge­wicht. Analy­sen im Kernspin­to­mo­gra­fen zeigen, dass unsere Emoti­ons­zen­tren schon nach einer schlech­ten Nacht nicht mehr gleicher­mas­sen mit dem Kontroll­zen­trum im Stirn­hirn verbun­den sind wie nach gutem Schlaf.Noch vor fünfzehn Jahren sei er oft gefragt worden: «Wie kann ich meinen Schlaf effizi­en­ter gestal­ten?», sagt Ramin Khata­mi, Neuro­lo­ge und Chefarzt der Abtei­lung für Schlaf­me­di­zin an der Klinik Barmel­weid, doch in letzter Zeit bemer­ke er einen Wandel, eine grosse Sehnsucht nach gutem Schlaf.

«Schnell einschla­fen, die ganze Nacht durch­schla­fen und morgens erholt aufwa­chen – das kennen viele gar nicht mehr.»

Klassische Schlafstörungen lassen sich gut korrigieren

Die große Mehrheit leidet unter klassi­schen Schlaf­stö­run­gent. Jene also, die nicht einschla­fen oder nicht durch­schla­fen können oder viel zu früh erwachen und sich den ganzen Tag kraft­los fühlen. Schlaf­los sei jeder einmal, sagt Khata­mi, das sei normal bei Prüfun­gen, Trennun­gen, Stress am Arbeits­platz. Treten solche Nächte aber mehr als dreimal pro Woche über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten auf, spricht man von einer Insom­nie. «Der Schlaf ist aus dem Takt. Das können wir gut korri­gie­ren, ohne Medikamente.»

Lesen Sie hierzu gerne mehr zum Thera­pie­an­satz Ihrer Heilprak­ti­ker-Praxis in Köln zum Thema Infusi­ons­the­ra­pie bzw. zur Mikro­nähr­stoff­the­ra­pie oder klicken in vorher­ge­hen­de Blogar­ti­kel zum Thema Q 10 bzw. zum Thema Stress schläft nicht.

Diagnostik im Schlaflabor

Khata­mi liest die Wellen­land­schaf­ten der Hirnströ­me im Schlaf­la­bor seiner Patien­ten wie ein Musiker neue Kompo­si­tio­nen. In 30-Sekun­den-Sequen­zen darge­stellt, ergäbe eine Nacht ausge­druckt etwa 300 Meter Papier pro Schlä­fer. Es braucht den geübten Blick des Schlaf­me­di­zi­ners, um darin Ordnung zu erken­nen, auch bei einem lehrbuch­mäs­si­gen Schlafprofil.
Die Alpha-Wellen des Wachzu­stands werden nach wenigen Minuten von flachen, unregel­mäs­si­gen Wellen abgelöst. «Alpha-Zerfall», sagt Khata­mi, das Wort treffe es gut; die Augen fangen an zu rollen, die Musku­la­tur entspannt sich und vollführt verein­zel­te bizar­re Zuckun­gen. Stadi­um eins: einschlafen.
Dann werden die Wellen höher und langsa­mer, spora­disch tauchen kurze, kräfti­ge Ausbrü­che elektri­scher Aktivi­tät auf, die man Schlaf­spin­deln nennt. Sie agieren als Torwäch­ter, die den Schlaf schüt­zen, indem sie das Gehirn von Geräu­schen abschir­men. Je kräfti­ger und häufi­ger sie auftre­ten, desto besser der Schutz. Sie kennzeich­nen Stadi­um 2; jetzt schläft der Mensch. Die Sinnes­or­ga­ne senden weiter­hin Signa­le ans Gehirn, doch die werden im Thala­mus blockiert. Die Aussen­welt erlischt, der Muskel­to­nus hat sich deutlich verrin­gert, die Augen sind ruhig. Im Laufe der Nacht nimmt dieser Schlaf mehr als die Hälfte der Schlaf­zeit ein, ein wichti­ges Stadium.

Je mehr Schlafspindeln, desto besser das Lernvermögen

Studi­en haben gezeigt: Je mehr Spindeln, desto grösser das Lernver­mö­gen am nächs­ten Tag. Fakten­wis­sen aus dem Kurzzeit­ge­dächt­nis, so die Hypothe­se, wird in andere Speicher überge­führt, um Platz zu schaf­fen. In den Morgen­stun­den ist die Konzen­tra­ti­on der Spindeln beson­ders hoch. Wer nur sechs Stunden oder noch

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weniger schläft, beraubt sich seiner Aufnah­me­fä­hig­keit am nächs­ten Tag.
Mit dem sich vertie­fen­den Schlaf werden die Hirnwel­len immer höher und langsa­mer – und synchro­ni­sie­ren sich. Es ist, schreibt ein Schlaf­for­scher, als würden die bisher vielstim­mig kommu­ni­zie­ren­den Hirnzel­len in einen gemein­sa­men, mantra­ar­ti­gen Gesang einstim­men. Dieser Einklang ermög­li­che die Verstän­di­gung zwischen entle­ge­nen Hirnre­gio­nen, so dass ganze Daten­pa­ke­te verschickt und archi­viert werden könnten. Tiefschlaf. Er macht nur 20 Prozent des Schlafs aus, doch er ist existenziell.
Schla­fen­de sind jetzt schwer zu wecken, sie liegen vollkom­men ruhig, während alle Organe mit dem Wachs­tums­hor­mon geflu­tet werden: Körper­zel­len fangen an, sich zu teilen und zu mehren, Kinder wachsen (schla­fen sie schlecht, bleiben sie kleiner), Wunden heilen, im Knochen­mark entsteht neues Blut, die Haut erneu­ert sich von innen, das Immun­sys­tem rekru­tiert neue Killer­zel­len und Antikör­per, um für den nächs­ten Tag gerüs­tet zu sein. Eine Generalüberholung.
Erste Bewegun­gen künden das Ende des Tiefschlafs an, der Schla­fen­de bewegt sich. Dann folgen ein paar Minuten im leich­te­ren Schlaf, bevor etwas geschieht, was die Ersten, die es sahen, total verblüff­te: Das Signal für die Muskel­span­nung wird plötz­lich vollkom­men flach, als sei der Mensch physio­lo­gisch gelähmt, während die Atmung unruhig wird und die Kurve für Augen­be­we­gun­gen steile Wellen zeich­net, was schnel­len Augen­be­we­gun­gen entspricht, Englisch: rapid eye movement, kurz REM.
Dieser Schlaf­typ wurde erst 1952 entdeckt und gibt bis heute Rätsel auf. «Mittler­wei­le wissen wir, dass er der Regula­ti­on der Körper­ener­gie und der Emotio­nen dient», sagt Khata­mi. Im REM-Schlaf ist die gesam­te Durch­blu­tung auf das Gehirn konzen­triert, und neuro­che­misch passie­re etwas Einzig­ar­ti­ges: Norad­re­na­lin, der Boten­stoff des aktivie­ren­den sympa­thi­schen Stress­sys­tems, werde quasi auf null reguliert.
Dadurch, so die Annah­me, können emotio­na­le und sozial komple­xe Erleb­nis­se, auch schmerz­haf­te, verar­bei­tet werden, was zum Beispiel bei der Bewäl­ti­gung von Trauer helfe. Das Gehirn schaf­fe im Traum virtu­el­le Reali­tä­ten, die Vergan­gen­heit und Gegen­wart mitein­an­der verschmel­zen. Forscher sehen darin eine Form der Assozia­ti­on, die auch Kreati­vi­tät förde­re, Lösun­gen hervorbringe.
In dieser immer­glei­chen Abfol­ge ergeben der leich­te Schlaf, der Tiefschlaf und der REM-Schlaf einen Schlaf­zy­klus von etwa 90 Minuten, der sich vier- bis fünfmal pro Nacht wieder­holt. Bei einem gesun­den Schlä­fer dauert der Nacht­schlaf sieben bis acht Stunden. Dann ist die Hardware überholt und die Software aktua­li­siert. Bei einem Insom­nie-Patien­ten, so Khata­mi, sehe das Bild anders aus: Der Schlaf ist stark von kurzen und länge­ren Wachpha­sen durch­setzt, diese sogenann­ten Arousals machten den Schlaf «löchrig». Zudem dominie­re oberfläch­li­cher Schlaf, und es gebe wenig Tiefschlaf.

 

 Vorprogrammierter Wach-Schlaf-Rhythmus

Zwei Fakto­ren bestim­men den Schlaf, einer davon ist unser circa­dia­ner Rhyth­mus. Er diktiert, wann wir schla­fen und wann wir wach sein wollen. Nichts veran­schau­licht das besser als Mimosa pucida. Die Pflan­ze klappt ihre Blätter morgens auf und abends zu wie Regen­schir­me. Lange nahm man an, sie reagie­re auf das Sonnen­licht. Bis ein Franzo­se vor 250 Jahren auf die Idee kam, die Mimose in eine dunkle Kiste zu stellen. Und siehe da: Unbeein­druckt klapp­te sie weiter­hin ihre Blätter auf und zu, im selben Takt wie zuvor.
Genau­so ist es beim Menschen. Der durch die Erdro­ta­ti­on beding­te Wechsel von Licht und Dunkel­heit beein­flusst seit Jahrmil­lio­nen die Entwick­lung der Organis­men auf dem Plane­ten, was sich im Genma­te­ri­al manifes­tiert hat. Biorhyth­men bestim­men Potenz, Hormon­spie­gel, Wachs­tum, Körper­tem­pe­ra­tur, Herzfre­quenz, die Konzen­tra­ti­on von Immun­zel­len im Blut, die Fettre­sorp­ti­on im Darm, das Schmerz­emp­fin­den – alles in uns ist orchestriert.
Die Chine­sen sprachen schon vor 5000 Jahren von Organ-Uhren, weil sie bemerkt hatten, dass Magen oder Leber zu unter­schied­li­chen Zeiten beson­ders aktiv wurden. Die moder­ne Chrono­bio­lo­gie bestä­tigt das: Jede Zelle hat ihre eigene «innere Uhr». Die Master-Clock all dieser Uhren vermu­ten Wissen­schaf­ter in einem Bündel von Nerven­zel­len oberhalb der Kreuzung der Sehner­ven, supra­chi­as­ma­ti­scher Nukle­us genannt.
Allein am Schlaf sind zahlrei­che Biorhyth­men betei­ligt: Die Ausschüt­tung des Nacht­hor­mons Melato­nin nach Einbruch der Dunkel­heit und die des Stress­hor­mons Corti­sol in den frühen Morgen­stun­den. Das Absen­ken der Körper­tem­pe­ra­tur am Abend und das Wieder-Hochfah­ren am Morgen, ebenso von Blutdruck und Stoff­wech­sel. Das Hemmen der Urinpro­duk­ti­on sowie das Zügeln des Appetits sowie das Nachlas­sen der Empfind­lich­keit für Wund- und Druckschmerz.
Völlig unabhän­gig davon, was wir tun, erreicht unsere Leistungs­fä­hig­keit am späten Vormit­tag ihren Höhepunkt, einen zweiten am späten Nachmit­tag; nachts um drei hinge­gen sind wir zu nichts zu gebrau­chen, ausser zum unglück­li­chen Grübeln. Tatsäch­lich ist das Stimmungs­tief um drei Uhr nachts auch Ergeb­nis des Hormon­spie­gels, deswe­gen sieht die Welt morgens schon wieder anders aus. Wie ein Metro­nom gibt der circa­dia­ne Rhyth­mus unserem Leben seinen Takt– auch dann, wenn wir ihn ignorie­ren. Wer die Nacht durch tanzt, spürt am nächs­ten Morgen trotz grossem Schlaf­man­gel ein leich­tes Hoch.
Dass unser Rhyth­mus fest instal­liert ist wie jener der Mimose, stell­ten zwei Schlaf­for­scher 1938 fest, als sie 32 Tage in der völlig licht­lo­sen Mommo­th Cave in Kentu­cky verbrach­ten, einer der tiefs­ten Höhlen der Erde. Dort schlie­fen und wachten sie, wie es ihre Körper verlang­ten. Heraus kam ein fester Schlaf-Wach-Rhyth­mus von etwa 15 Stunden in Wachheit im Wechsel mit neun Stunden Schlaf.

Schlaf und die Eulen und die Lerchen

Jeder Mensch hat seinen eigenen Rhyth­mus, die einen sind Frühauf­ste­her, die anderen Langschlä­fer, und die meisten liegen irgend­wo dazwi­schen. Egal ob Lerche oder Eule, man kann seine Veran­la­gung nicht beein­flus­sen. Eulen haben es schwe­rer im Leben. Da sie in Schul­all­tag und Arbeits­welt gezwun­gen sind, mit den

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Lerchen aufzu­ste­hen, aber erst spät einschla­fen können, leiden viele unter chroni­schem Schlaf­man­gel, was Depres­sio­nen, Angst­zu­stän­de, Diabe­tes, Krebs, Herzin­fark­te und Schlag­an­fäl­le begünstigt.
Schläf­rig­keit ist ein Stoff, der sich in den Zellen aufbaut
Der zweite Faktor, der unseren Schlaf bestimmt, ist der homöo­sta­ti­sche Schlaf­druck. Und an dem können wir schrau­ben! Intui­tiv weiss jeder, was das ist. Je länger wir wach sind, desto müder werden wir. Und wenn wir geschla­fen haben, ist der Schlaf­druck weg. Das Verblüf­fen­de ist, dass es dafür ein organi­sches Korre­lat gibt: chemi­sche Stoffe, die sich im Gehirn bilden, wenn wir wach sind, und abgebaut werden, wenn wir schlafen.
Einer davon ist Adeno­sin. Es fällt als Abbau­pro­dukt eines energie­rei­chen Moleküls an, das von den Gehirn­zel­len für alles Mögli­che verbraucht wird. Von dem Moment an, da wir morgens die Augen öffnen, kumuliert Adeno­sin in unseren Zellen. Je mehr sich ansam­melt, desto schläf­ri­ger werden wir. Und wenn wir schla­fen, wird Adeno­sin entsorgt.
«Die schma­len Spalte zwischen den Zellen öffnen sich, werden breit wie Autobah­nen, so dass jede Menge Abfall aus den Zellen gespült werden kann», sagt Khata­mi. «Clearing the brain» nennt die Theorie den Vorgang. Es könnte sein, dass dies die Haupt­auf­ga­be des Schlafs ist. «Die Tücke vieler Schlaf­me­di­ka­men­te ist, dass sie Tiefschlaf vermin­dern und Schlaf vorgau­keln, der diese Haupt­auf­ga­be aller­dings nicht erfül­len kann», so Khatami.
Wichtig: «Diese Reini­gung passiert im Tiefschlaf beson­ders gut. Je inten­si­ver der Tiefschlaf, desto effizi­en­ter.» Bei zu wenig Tiefschlaf öffne sich der Spalt nicht genug, so dass auch andere Abbau­pro­duk­te wie zum Beispiel Amylo­id, das mit Alzhei­mer in Verbin­dung gebracht werde, nicht aus den Zellen entsorgt werden könne. Wir wissen schon: «Wenig Tiefschlaf fördert Demenz.»

Lesen Sie mehr zum Thema Energie und zum Thema Höhen­trai­ning, auch eine Indika­ti­on bei Schlaf­stö­run­gen hier.

Das Zauberwort heisst Schlafdruck

«Im Grunde ist es Mathe­ma­tik», sagt Khata­mi. «Wer im Gleich­ge­wicht ist, baut in der Nacht so viel Schlaf­druck ab, wie er tagsüber aufge­baut hat, andern­falls nimmt man eine Restschuld mit in den nächs­ten Tag.» Ein einma­li­ger Schlaf­man­gel berei­te dem Gehirn wenig Proble­me, da es die Fähig­keit habe, Schläf­rig­keit, also Schlaf­druck, in Tiefschlaf umzuwandeln.

«Je höher der Schlaf­druck, desto länger und inten­si­ver der Tiefschlaf.»

Entdeckt hat das Prinzip der homöo­sta­ti­schen Schlaf­re­gu­la­ti­on der Schwei­zer Schlaf­for­scher Alex Borbé­ly, in dessen Forschungs­la­bor an der Univer­si­tät Zürich Khata­mi vor zwanzig Jahren als Postdoc gearbei­tet hat. Borbé­lys Entde­ckung legte das Funda­ment für die Verhal­tens­the­ra­pie, die heute als State of the Art in der Insom­nie-Behand­lung gilt. Khata­mi beschreibt sie so: «Wir produ­zie­ren Schläfrigkeit.»
Ist es nicht das, was Schlaf­lo­se ohnehin im Übermass haben? Leider nicht, sagt Khata­mi. Eben weil sie so müde seien, machten viele unwis­sent­lich einen entschei­den­den Fehler: «Sie legen sich tagsüber hin, halten ein Nicker­chen, schla­fen vor dem Fernse­her ein oder gehen extra sehr früh ins Bett. Dadurch zerdeh­nen und verdün­nen sie ihren Schlaf.» Schon 60 Minuten bauen etwa ein Drittel des Schlaf­drucks ab, da das im Tiefschlaf passie­re, und dieses Stadi­um komme schnell. Auch für gesun­de Schlä­fer gebe es deswe­gen eine «forbidden zone» ab 17 Uhr, in der man sich nicht mehr hinle­gen sollte. Danach bleibe zu wenig Zeit, um bis zur Nacht ausrei­chend Schlaf­druck zu bilden.

Die optimale Schlaflänge

Im Bett darf nur noch geschla­fen werden. Wer nachts aufwacht, soll das Bett verlas­sen, möglichst in ein anderes Zimmer gehen und im Dämmer­licht irgend­et­was Monoto­nes tun oder etwas Langwei­li­ges lesen. Sobald die Augen wieder zufal­len, zurück ins Bett.
Es sei wie bei einer Ampel, erklärt Khata­mi. «Rot heisst stehen, Grün gehen. Wir folgen dem, ohne nachzu­den­ken. Wenn Rot aber mal gehen und mal stehen bedeu­tet, müssten wir jedes Mal eine Entschei­dung treffen.» Menschen mit Schlaf­stö­run­gen verbräch­ten zu viel Zeit schlaf­los im Bett, irgend­wann sei allein der Ort schon mit Angst verbun­den. Und den gelte es nun wieder seiner ursprüng­li­chen Bestim­mung zu widmen, dem Schlaf. Auch Patien­ten, die zwei Wochen statio­när behan­delt werden, gehen samstags nach Hause, um das eigene Bett quasi neu zu codieren.
«Die Schlaf­re­gu­la­ti­on funktio­niert so gut wie immer», sagt Khata­mi. Sie sei extrem pragma­tisch, zudem sehr fein und indivi­du­ell regulier­bar. Denn sobald man wieder nachts aufwa­che oder abends nicht einschla­fe, gehe man einfach wieder eine Viertel­stun­de später ins Bett. «Die Essenz ist die: Über 24 Stunden hat das Gehirn eine gewis­se Kapazi­tät, Schlaf­druck zu bilden, mehr geht nicht.» Und damit gilt es zu haushal­ten. Auf diese Weise könne jeder heraus­fin­den, wie viel Schlaf er wirklich brauche.

Wie viel Schlaf ist optimal?

Manager oder Politi­ker behaup­ten manch­mal, kaum Schlaf zu brauchen, maximal vier oder fünf Stunden pro Nacht. Aus medizi­ni­scher Sicht könnten sie genau­so gut Ketten­rau­chen oder Überge­wicht als Nachweis ihrer Belast­bar­keit anfüh­ren. «Und auch was die Leistungs­fä­hig­keit angeht, täuschen sie sich», sagt Khata­mi, das habe eine ameri­ka­ni­sche Schlüs­sel­stu­die bereits vor zwanzig Jahren gezeigt. «Schon bei gerin­gem Schlaf­man­gel lässt die Konzen­tra­ti­on als Erstes deutlich nach.»
Die Studi­en­teil­neh­mer waren in Gruppen einge­teilt worden, die unter­schied­lich viel Schlaf bekamen: gar keinen, vier, sechs oder acht Stunden pro Nacht. Das Ergeb­nis: Nach 24 Stunden ohne Schlaf nahmen die Konzen­tra­ti­ons­aus­set­zer um 400 Prozent zu. Stich­wort Sekun­den­schlaf. Eine wesent­li­che Ursache für Autoun­fäl­le, Flugzeug­ab­stür­ze, Opera­ti­ons­feh­ler und ungezählt viele andere Schäden und Katastro­phen in Wirtschaft und Gesell­schaft. Nach zehn Tagen mit je sechs Stunden Schlaf pro Nacht – was für viele Alltag ist – war die Leistung der Teilneh­mer so stark beein­träch­tigt wie nach 24 Stunden komplett ohne Schlaf.
Das Erstaun­lichs­te aber war: Während die komplett Schlaf­lo­sen sich selbst als hunde­mü­de und ihre Fehler­an­fäl­lig­keit als sehr hoch einschätz­ten, verspür­ten die Vier- oder Sechs-Stunden-Schlä­fer keine Zunah­me der Schläf­rig­keit und schätz­ten ihre eigene Fehler­an­fäl­lig­keit keines­wegs als erhöht ein. «Mit anderen Worten», so Khata­mi, «sie waren in den Tests grotten­schlecht und merkten es nicht einmal mehr.»

Mindestens sieben Stunden Schlaf

Der Mensch braucht mehr als sieben Stunden Schlaf pro Nacht, um seine kogni­ti­ve Leistungs­fä­hig­keit aufrecht­zu­er­hal­ten. Sowie um Körper und Seele gesund zu erhalten.

Dafür, zusam­men­fas­send, ein paar Ratschlä­ge, frei nach Khatami:

  • 1. Bei Schlaf­stö­run­gen: Gehen Sie möglichst spät ins Bett, stehen Sie früh auf, und erlau­ben Sie sich keinen Tagschlaf! Erst wenn Ihr Schlaf wieder so «verdich­tet» ist, dass Sie fünf Stunden im Bett vollstän­dig durch­schla­fen, verlän­gern Sie Ihr nächt­li­ches Schlaf­fens­ter um eine Viertel­stun­de. So steigern Sie Ihren Nacht­schlaf schritt­wei­se, bis Sie Ihre indivi­du­el­le Dosis optima­len Nacht­schlaf gefun­den haben.
    2. Tun Sie im Bett nichts anderes als schla­fen (Sex ist auch erlaubt). Falls Sie nachts wach werden, setzen Sie sich im Dämmer­licht irgend­wo anders hin und tun Sie etwas Monoto­nes, bis Ihre Augen­li­der wieder zufallen.
    3. (Und das gilt auch für jeden guten Schlä­fer): Verban­nen Sie Laptop, Mobil­te­le­fon, Fernse­her aus Ihrem Schlaf­zim­mer. Schal­ten Sie die Geräte ein, zwei Stunden vor dem Schla­fen­ge­hen aus.
    4. Gehen Sie möglichst immer zur selben Zeit ins Bett. Und behal­ten Sie auch am Wochen­en­de Ihrem Rhyth­mus bei.
    5. Schla­fen Sie bei niedri­ger Tempe­ra­tur, etwa 18 Grad.
    6. Entlas­sen Sie sich selbst etwa zwei Stunden vor dem Schla­fen­ge­hen aus der Pflicht. Falls es in Ihrem Kopf rotiert, machen Sie eine To-do-Liste für den nächs­ten Tag und legen Sie diese weg.
    7. Kaffee, Alkohol, Nikotin stören den Schlaf. Verzich­ten Sie, oder stellen Sie ab dem frühen Nachmit­tag den Konsum ein.

Nehmen Sie bezüg­lich Ihrer Schlaf­stö­run­gen gerne Kontakt mit der Praxis am Sachsen­ring auf, Ihrer Praxis für funktio­nel­le Medizin, kPNI und Stressmedizin.

Ihre Heilprak­ti­ker- Praxis in Köln

Birgit Schroe­der, Master in kPNI