Liebe Leser*innen,
aus aktuellem Anlass stellt die Praxis für kPNI in Köln Ihnen hier neue Erkenntnisse der Universität Hohenheim vor und zwar über die Weizensensitivität, die diese erst kürzlich veröffentlicht hat. Der Verzehr von Brotweizen kann zu unterschiedlichen Erkrankungen führen: bei der Zöliakie sorgt eine genetische Disposition durch sog. HLADQ2/8 dafür, dass eine Autoimmunreaktion gegen Weizen ausgelöst wir. Es werden in der Literatur aber auch allergische Reaktionen beschrieben, in der Allgemeinheit bekannt als Bäckerasthma. Weit weniger bekannt ist die sog. Weizensensitiviät (Nicht- Zöliakie- bedingte Weizensensitivität). Diese Art der Weizenunverträglichkeit betrifft bis zu 10% der Bevölkerung.
Symptome der Weizenunverträglichkeit
Die Bandbreite der Symptome ist groß. Das Spektrum reicht von Kopfschmerzen über Konzentrationsschwierigkeiten, zu Bauchschmerzen, Durchfall, Erbrechen bis hin zu Neurodermitis und depressiven Verstimmungen. Bei genauer Beobachtung berichten einige Betroffene allerdings über unterschiedliche Verträglichkeiten. So ist z.B. die Verträglichkeit mancher Weizenprodukte bei einem speziellen Bäcker besser oder Dinkel wird besser vertragen als Weizen.
Mögliche Ursache der diversen Verträglichkeit

Weizensensitivität und verschiedene Mehlsorten
Foto Sebastian Duda (123rf.com)
Eine Forschergruppe der Universität Hohenheim versucht in einem größeren Projekt den Ursachen auf die Spur zu kommen. „Eine Rolle könnten möglicherweise manche im Mehl bzw. im Brot enthaltenen Proteine spielen“, erklärt Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff vom Institut für Ernährungsmedizin. „Einige wenige Menschen leiden unter Zöliakie oder allergischen Reaktionen nach dem Verzehr von Weizen. Sie müssen Weizen tatsächlich komplett meiden. Und beide Krankheitsbilder werden durch verschiedene Proteine ausgelöst. Der Auslöser der Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (NCWS) dagegen ist noch nicht geklärt, doch man hat auch hier Proteine in Verdacht.“
Proteinsequenzen, Umwelteinflüsse und Allergenindex
Weizen und Dinkel unterscheiden sich deutlich in der Eiweißzusammensetzung im Mehl – so das Ergebnis einer Untersuchung von drei Arbeitsgruppen an der Universität Hohenheim in Stuttgart. Auch zwischen den einzelnen Sorten innerhalb dieser Arten gibt es große Unterschiede: Der Gehalt potenziell allergener Proteine kann sogar um Faktor 20 schwanken. Der Anbauort spielt ebenfalls eine große Rolle.
Proteinsequenzen bei Weizen und Dinkel erwiesen sich zwar als sehr ähnlich; insgesamt konnten die Forscher 3.050 Proteine in Dinkel bzw. 2.770 in Brotweizen nachweisen. „Erstaunlich war, dass rund ein Drittel aller Proteine sich bei Weizen und Dinkel in ihrer Expression signifikant unterscheiden.“
Zudem unterscheiden sich die untersuchten Sorten innerhalb der Unterarten Dinkel und Weizen auch stark in ihrem Proteinmuster: So waren zwei Drittel der Proteine, deren Bildung von der Umwelt unabhängig war, nur in einigen, aber nicht in allen Sorten vorhanden und kamen darüber hinaus in unterschiedlichen Mengen vor. „Diese Proteine wiederum sind sehr interessant, da sie über die Auswahl der Sorte beeinflusst werden können.“
Allergenindex: Potenziell allergische Proteine unterscheiden sich je nach Sorte stark
Darauf aufbauend haben die Forscher für die getesteten Sorten einen „Allergenindex“ berechnet. Hierzu wurden 22 Proteine ausgesucht, die als mögliche Auslöser von Weizenallergie, Bäckerasthma und Weizensensitivität diskutiert werden. Sowohl beim Dinkel als auch beim Weizen konnten die Forscher eine sehr große Schwankungsbreite zwischen den Sorten beobachten: Der Gehalt an potenziell allergenen Proteinen kann sich bei den verschiedenen Sorten um das 20-Fache unterscheiden.
Verbesserung der Verträglichkeit
Bei der Auswahl des Mehls liegt der Fokus heute vor allem auf der Backqualität“, sagt apl. Prof. Dr. Longin. „Größtenteils wissen die Bäcker gar nicht, welche Sorte sie gerade verwenden. Dabei gäbe es die Möglichkeit, die Proteinzusammensetzung und somit Qualität und Verträglichkeit von Weizenprodukten durch die Auswahl geeigneter Sorten zu beeinflussen.”
Weizensensitivität und Forschung
Vor allem was die Überempfindlichkeitsreaktionen betrifft, sieht Prof. Dr. Bischoff noch viel Forschungsbedarf: „Unsere Daten können lediglich als Ausgangspunkt für zukünftige Forschungen dienen.“ So soll nun die Brotherstellung genauer unter die Lupe genommen werden.
Patienten für Humanstudie gesucht
„Zudem suchen wir noch dringend Patienten für unsere Humanstudie, die bei Weizenverzehr Krankheitssymptome verspüren, bei Dinkelkonsum aber nicht“, schließt Prof. Dr. Bischoff.
Interessenten für die Patientenstudie melden sich bitte bei: Brotstudie180a@uni-hohenheim.de
Tipps für Betroffene:
Praxistipp: Onder de Linden, die glutenfreie Bäckerei in Köln
Buchtipp: Happy Baking, Backen ohne Gluten
Literaturtipp: Prof. Dr. Fasano: Die ganze Wahrheit über Gluten
Lesen Sie zum Thema Weizen/Gluten auch gerne weitere Blogbeiträg der Praxis für KPNI (siehe unten) oder hören Sie den Podcast Nummer Nr. 27 und 32 zum Thema Leaky gut und Laborparameter/Gluten.
Gerne berate ich Sie in meiner Praxis für Ernährungsberatung, kPNI und Gesundheitscoaching auch persönlich.
Ihre Heilpraktiker- Praxis
Birgit Schroeder, Master in KPNI
Der Orginalbeitrag stammt von Florian Klebs, Hochschulkommikation- Universität Hohenheim.
zusätzliche Informationen:
Zum Projekt
Titel: Ursachen der Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität (AiF 2073/62 N), Laufzeit: 2019 – 2021, Förderung durch BMWi via AiF/FEI
wissenschaftliche Ansprechpartner:
Apl. Prof. Dr. Friedrich Longin, Universität Hohenheim, Landessaatzuchtanstalt, Arbeitsgebiet Weizen T +49 (0)711 459 23846, E friedrich.longin@uni-hohenheim.de
Prof. Dr. med. Stephan C. Bischoff, Universität Hohenheim, Institut für Ernährungsmedizin T +49 (0)711 459 24101, E bischoff.stephan@uni-hohenheim.de
Dr. Jens Pfannstiel, Universität Hohenheim, Core Facilit
Originalpublikation:
Afzal, M., Pfannstiel, J., Zimmermann, J., Bischoff, S.C., Würschum, T., Longin, C.F.H., 2020. High-resolution proteomics reveals differences in the proteome of spelt and bread wheat flour representing targets for research on wheat sensitivities. Scientific Reports 10, 14677. doi.org/10.1038/s41598-020-71712-